23. Oktober – Zwischen zwei Welten

Wenn sich irgendwo eine Tür schließt, so öffnet sich woanders eine Neue, so heisst es. Und ich befinde mich gerade im Flur zwischen den zwei halbgeschlossenen Türen. Meine Zeit auf dem Peacetrain ist physisch vorbei, doch mental bin ich noch immer mitten unten meiner liebgewonnenen PeaceTrain Familie. Die nächste Tür steht schon halb offen doch mir erschließt sich jetzt erst ein Teil dessen, was mich im Stewardprogramm auf der Vollversammlung des ÖRK erwarten wird. Ein Trost bei der Verabschiedung in Beijing war jedoch, dass ein Wiedersehen in Busan in 7 Tagen in Aussicht steht und dennoch hatte dieser Abschied etwas Endgültiges, denn es war der Abschied von unserem gemeinsamen Pilgerweg. Ich habe mich schon lange nicht mehr so alleine gefühlt wie auf dem Weg von Beijing nach Busan. Doch diese kurze Pause vom Trubel hatte im Endeffekt ihr Gutes, denn was mich heute in Busan erwartete war ein riesiges herzliches Willkommen in der Gruppe der 121 Stewards.

 

22. Oktober – Umwege sind die schönsten Wege – auf Spritzspaziergang durch Beijing

Habe ich mich gestern noch über die wenig verschmutze Luft gefreut, so wurden wir heute mit aller Macht vom Smog heimgesucht. Ich habe mich immer gefragt, warum in China so viele Menschen mit Atemschutzmasken unterwegs sind, heute hätte ich am liebsten selber eine getragen. Die Weite der Stadt, die ich gestern noch aus meinem Hotelzimmer betrachten konnte hatte sich über Nacht in eine weißgraue Mauer verwandelt und obwohl es ein sonniger Tag war, drang nur so wenig Licht durch die Verschmutzung, dass man ungehindert direkt in die Sonne blicken konnte ohne geblendet zu werden.

Wir begannen den Tag mit einem Besuch der größten presbiterianischen Kirche in Beijing und hörten vom Pastor ein wenig über die Geschichte dieser Kirche und der Christen in China. Nach einer obligatorischen Gruppenfotosession ging es danach zum Mittagessen. Da dies mein letzter voller Tag in Beijing war, machte ich mich auf eigene Faust auf den Weg in die verboteten Stadt, die im Tourplan der Gruppe erst morgen auf dem Program steht wenn ich schon abgereist bin. Zunächst aber leitete mich mein Wunsch nach frischer Luft in einen der benachbarten Gärten der verbotenen Stadt in den die Hektik der Stadt und die schlechte Luft zumindest teilweise noch nicht vorgedrungen war. Stattdessen klangen Töne in chinesischen Melodien von den Mauern der verbotenen Stadt und kleine Boote fuhren entlang des Mauergrabens und vervollständigtendas harmonische Bild. Mit Energie betankkonnte ich mich dann in das Gewühl der Touristen in der verbotenen Stadt stürzen. Ich muss sagen, dass mich die Stadt nicht allzu sehr in Ihren Bann gezogen hat wie ich es erwartet habe, was aber zu großen Teilen auch der schlechten Luft, meiner Müdigkeit und der Touristenschwärme zuzuschreiben ist. Ich verließ die Sehenswürdigkeit daher schon nach gut 1.5h und machte mich stattdessen auf die Nebenstraßen der Gegend ein wenig zu erkunden. Diese Entscheidung habe ich nicht bereut, denn so konnte ich einiges an interessantem Essen auf der Straße probieren und in einem kleinen Teehaus unter Anleitung einer Chinesin eine originale Teezeremonie prozessieren. Da ich der einzige Gast in diesem netten Teehaus war hatte die Betreiberin viel Zeit und so tranken wir gemeinsam Tee und unterhielten uns lange soweit es ihr Englisch zuließ. Zum Abendessen wollte ich die Gruppe wiedertreffen, jedoch stellte es sich als etwas schwierig heraus den Weg zu einer eindutigen Adresse zu erfragen da jeder Chinese den ich fragte in eine andere Richtung deutete. Letztendlich traf ich die Gruppe aber dann doch und machte mich im Anschluss mit einigen Freunden auf den Weg die chinesischen Märkte und Supermärkte nach unbekannten Leckereien zu durchforschen.

21. Oktober – Die Gegensätze nehmen kein Ende…oder…das Wunderbare an einem Kulturschock

China überraschte uns heute morgen mit strahlendem Sonnenschein und einem super Ausblick in die bewaldeten Berge. Die Landschaft stand tatsächlich im krassen Gegesatz zu den Gebieten, die wir in den letzen Tagen durchquert haben. Es ist jeden morgen ein schönes uns spannendes Erlebnis, die Vorhänge aufzuziehen und zu schauen, welche Schönheiten der Tag dieses Mal bereit hält. In diesem Fall war ich sehr überrascht, denn in meinen Vorstellungen und in den Bildern, die meine Vorstellungen prägten war China nie so grün und bewaldet. Während die andere noch gemütlich in ihren Betten schlummerten genoss ich also in der Ruhe der Morgenstunde mein Frühstück mit Ausblick auf die Weite der chinesischen Landschaft.

In Beijing angekommen war die Menge an Menschen am Bahnhof zunächst überwältigend aber dennoch war ich zunächst überrascht, hatte ich doch mit weitaus mehr Lärm und Verschmutzung gerechnet. Stattdessen gönnte uns Beijing heute einen klaren Ausblick auf die Stadt.

Am Abend besuchten wir die koreanische Gemeinde in Beijing, hatten eine kleine gemeinsame Andacht und hörten Geschichten von Friedensbewegungen aus Äthiopien und Malawi von zweien unsere Mitreisenden. Im Anschluss wurden wir kreativ und bastelten Weihnachtsbaumdekoration aus alten Wasserflaschen. Diese Art der Kreation von Kunst aus Abfall zeigt, dass wir auch in Bereichen, in denen wir sonst selten über Nachhaltigeit nachdenken einen Beitrag zum friedlichen Umgang mit unserer Umwelt leisten können. Aus deutscher Sicht gesehen macht die Aktion nicht ganz so viel Sinn, da wir unsere Flaschen schon seit vergleichbar langer Zeit recyclen. In Russland, China oder Korea hingegen ist das Recyclingsystem jedoch noch lange nicht soweit ausgebaut und es landet viel mehr Müll auf Müllhalden (im besten Fall), wird verbrannt, oder einfach in der Landschaft entsorgt. Zeuge dieser Entsorgung waren wir durchgehend auf unserer Reise im Zug. Auch wenn in den weiten der Steppe keine Zivilisazion in Sicht war, so zeugten doch überall die dreckigen Überbleibsel von der Nähe der Menschen. Diese Beobachtungen und auch die lodernden Feuerherde, die verstreut in der Weite der russischen Ebenen in der Dunkelheit geradezu gespenstisch wirkten, machten mich traurig, war es doch ein so unübersehbarer Beweis für die Sorglosigkeit und die Ignoranz mit der wir Menschen unseren Lebensraum zerstören.

20. Von Gegensätzen und Einheit…

Ich fühle mich, als wäre ich in einer anderen Welt angekommen. Gerade haben wir die mongolisch-chinesische Grenze passiert und zum ersten Mal chinesischen Boden betreten. Das letze was wir am Landschaft während des Sonnenuntergangs bewundern konnten war die mongolische Steppe, die uns den ganzen Tag umgab und sich in ihrer Erscheinung nicht stark veränderte. Einige kleine Dörfer flogen an uns vorbei und wir konnten die ersten “freilebenden” Kamele am Wegesrand bewundern, als wir an einem kleinen Bahnhof einen Zwischenstopp einlegten. Als wir weiterfuhren, sahen wir, dass die Kamele doch nicht komplett freilebend waren, sondern zu einer mongolischen Frau gehörten, aber die Szene war trotzem sehr original. Es ist weit nach Mitternacht und endlich wir sind in China angekommen. Das erste, was uns beim Aussteigen aus dem Zug am Bahnhof nach der Grenze empfängt ist die Ballade pour Adeline von Richard Clayderman, die aus Lautsprechern über den ganzen Bahnhof schallt und eine Menge an Bäumen und schönen Steinskulpturen, die mir nach der einfarbigen Steppe beinahe unwirklich vorkommen. Die letzen vier Stunden vor diesem Halt verbrachten wir zunächst an der mongolischen, und dann an der chinesischen Grenze, sowie in der Werkstatt in der die Räder des Zuges gewechselt wurden. Die Grenzkontrolle war größtenteils mit Warten verbunden, welches zwischenzeitlich unterbrochen wurde von mongolischen, bzw. chinesischen Lara-Croft ähnlichen Frauen, die unsere Kabinen durchleuchteten und großen Hunden, die unser Gepäck beschnüffelten. Alles in allem verlief aber fast alles nach Plan, außer, dass eine koreanische Mitreisende leider vergessen hatte ihr russisches Visum zu verlängern. Aber auch sie durfte im Endeffekt aussreisen. Direkt nach der Grenze fuhren wir in die Werkstatt in der jeder Wagon abgekoppelt und geliftet wurde, sodass die Räder gewechselt wurden. Dieser Wechsel ist die Umkehrung des Reifenwechsels, den wir beim Eintritt nach Russland erlebten und ist nötig, da die Schienen in China wieder breiter sind als in Russland. Wie auch immer, der Stop am Bahnhof war lang uns wir genossen die Frische der Nacht nach der abgestandenen Luft im Zug (man kan kein einziges Fenster öffnen) und freuten uns, dass wir es über die Grenze geschafft habe. Während unsere Wagonnachbarn die Frisby am Bahnhof auspackten lernten wir ein wenig indischen Tanz von unserem allerbesten Pastor Shakespere aus Indien. (Vielleicht funktioniert es demnächst auch mit dem hochladen eines Videos, oder Fotos). Für mich hat dieser Abend einen sehr bitteren Beigeschmack, denn es wird der letze Abend sein, den ich mit meinen Freunden hier im Zug verbringen werde.

885815_558378494233573_457491239_o

 

1399421_558382447566511_1193756948_o

Heute ist Sonntag und so hatten auch wir heute Vormittag einen schönen Gottesdienstes an Bord des Peacetrains. Habe ich eigenlich schon von unserem Peace Train Song berichtet? Einer unserer Pastoren hier an Bord und zweiter Kameramann hat uns einen Song mitgebracht, der zu einem unserer Mottolieder geworden ist.

Der Text ist auf englisch, aber übersetzt würde er ungefähr folgendermaßen lauten: Komm an Bord des Zuges, Komm an Bord des Friedenszug […in weiteren Strophen: Gerechtigkeitszuges, Freiheitszuges] Auch wenn du kein Ticket und kein Geld hast, komm und steige umsonst ein, denn Jesus hat die Gebühren für sich und mich schon bezahlt. Wir singen sehr viel, wenn wir unterwegs sind, und vieles passiert sehr spontan, wenn wir in einer Kirche sind, oder einer anderen Stelle, wo viele von uns auf einem Haufen zusammenstehen. (Besonders beliebt dabei ist das Singen vor, während, oder nach dem Fotografieren des Gruppenfotos.) Die Texte der koreanischen Lieder, werde ich hier jetzt nicht wiederholen, aber eines von diesen Liedern ist etwas wirklich besonderes, denn es wurde von einem unserer Mitreisenden geschrieben und behandelt das Motto der diesjährigen WCC Vollversammlung (“Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden) verpackt in koreanische Rythmen.

Heute möchte ich mich mit dem Gebet verabschieden, dass uns schon auf unserer ganzen Reise begleitet und für uns alle sehr wichtig geworden ist:

Auf unserem Weg nach Busan,

mögen wir in Demut wandern mit Dir, Gott des Lebens.

Auf unserem Weg nach Busan,

leite uns wenn wir uns versammeln, beten und uns besinnen in deiner Nachfolge.

Auf unserem Weg nach Busan,

weise uns auf den Weg der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude in deinem Geist.

Amen.

19. Oktober – Auf dem Weg nach Peking…

Ich bin das lebende Beispiel dafür, dass man auch auf Zugreisen nicht auf den schönen Nebeneffekt des Jetlags verzichten muss. Da es sich gestern Nacht sowieso nicht gelohnt hat schlafen zu gehen, kam ich erst heute morgen um ca. 5:30 dazu, nachdem jeder im Zug sein Abteil gefunden hatte und von unserem netten chinesischen Zugbegleiter, bei dem sich jedes Wort wie eine Verfluchung der Reisenden anhört, mit Bettwäsche ausgestattet wurde. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob er tatsächlich böse ist, oder ob diese Art der Kommunikation für ihn normaler menschlicher Umgang ist. Aber ich denke, bis zum Ende dieser Zugfahrt werde ich genug Zeit haben die chinesischen Eigenarten in der Kommunikation besser sondieren zu können. Bis zu Abend waren wir die meiste Zeit damit beschäftigt verpacktes Essen zu verteilen, dass uns vom russischen Bordrestaurant für die kommenden zweit Tage organisiert wurde, da der russische Speisewagen an der Grenze zur Mongolei abgekoppelt wurde und durch einen mongolischen Speisewagen ersetzt wurde, die Tickets jedoch über die russiche Zuggesellschaft gebucht wurden und diese mit dieser Art der Verpflegung gutes Geld machen konnten ohne, dass wir vorher darüber informiert wurden. In diesem Zug waren die Wagons, in denen wir wohnten leider nicht zusammenhängend, was dazu führte, dass einige große Teile des Nachmittags und Abends damit verbrachten, Essensboxen für 5 Mahlzeiten und ca. 100 Personen vom Wagen 7 in Wagen 13 zu transportieren und zu verteilen. Ansonsten genossen wir den Ausblick in die Weite der mongolischen Steppe bei einem guten Glas russischen Schwarztees. Außerdem hatten wir heute eine kleine Gesprächsrunde zwischen uns fünf Deutschen, die wir als Protagonisten in der deutschen Produktion des Films über den Peace Train auftreten. Ich fand es gut, auch diese Art des inerkulturellen Austausches zu haben, obwohl es schon etwas merkwürdig war wenn die Kamera, die Beleuchtung und das Mikro sich um uns herum bewegten. Ich schon gespannt, was am Ende bei diesem Film herauskommt. Ich merke, dass ich nicht der Mensch für spontane Interviews bin, obwohl ich mich mitlerweile schon ein wenig mehr damit anfreunden konnte. An die ständige Präsenz der Kameras habe ich mich bis heute nicht gewöhnt, obwohl ich es wichtig finde, dass unsere Erfahrungen und die Bedeutung dieser Kampagne auch in dieser Form nach außen getragen werden und gleichzeitig eine gute Erinnerung für alle Mitreisenden darstellt.

1403539_558367527568003_525755727_o 1403748_558365737568182_1021018251_o

18. Oktober – Wie es sich anfühlt vor 20% der Frischwasserreserven der Erde zu stehen…

Man stelle sich den Thuner See in etwa 20 facher Vergrößerung vor, so bekommt man vielleicht einen kleinen Eindruck des Anblicks, der uns erwartete, als wir heute den Baikalsee besuchten. Umrahmt von schneebedeckten Bergen und Wäldern lag dort das größte Frischwasserreservoir der Erde in der sibirischen Landschaft. Im Gegensatz zum kalt-bedeckten Schneewetter von gestern erwartete uns heute strahlender Sonnenschein und eine angenehme Winterkälte. Einfach traumhaft. Zuerst besuchten wir noch ein altes Museumsdorf am Flusslauf des einzigen Abflusses des Baikalsees. An dieser Stelle war der Fluss so breit und ruhig, dass er selbst, wie ein großer See erschien. Und auch Zeit zum geniessen des Schnees und zum Schneemannbau durfte natürlich nicht fehlen. Am Nachmittag besuchten wir ein Museum, dass uns in die Historie, Geologie und Biologie des Baikalsees einführte und bestimmt noch interessanter gewesen wäre, wenn die Erklärungstafeln in einer andeen Sprache außer russisch verfasst worden wären. Ansonsten genossen wir die Zeit am See uns hatten gute Gespräche. Das tolle beim Reisen in dieser Gruppe ist, dass es nie langwelig wird. So hatten ich auf der Rückfahrt vom See einige nette Sitznachbarn mit denen wir uns die Zeit vertrieben beim gemeinsam Lernen und Trällern deutscher, australischer und ukrainischer Volkslieder. Gerade habe ich versucht einige ältere Blogeinträge von mir hochzuladen, aber leider gelingt es mir nur mäßig, daher schreibe ich erstmal an diesem Beitrag für heute und versuche es später noch einmal. Heute abend lohnt es sich sowieso nicht Schlafen zu gehen, da wir morgen um 3 Uhr vom Hotel aufbrechen müssen um unseren Zug um 4:50 am am Bahnhof in Irkutsk zu bekommen.

621090_557166244354798_857347309_o 884913_554529881285101_929591417_o 893822_557164104355012_2096598132_o 1385345_557163584355064_1032591283_n 1402456_557163271021762_562998704_o

17. Oktober – Öko-Gerechtikgeit und Abschied von liebgewonnen Freunden

Der erste echte sibirische Schnee dieses Jahres erwartete uns heute früh und war geradezu einladend für eine Schneeballschlacht nachdem wir das Schneegestöber während des vormitttags nur durch die Fenster des Konferenzraumes beobachten durften. Eingeladen waren wir heute zu Voträgen zu Eco-Justice (ökologische Gerechtigkeit) im russischen Zentrum für Wissenschaft und Technik in Irkutsk. Sehr unerwartet aber erfreulich für mich war der Vortrag über die Limnologie des Baikalsees, welcher einige Hauptthemen meines Studiums abdeckte und sogar das Thema meiner Bachelorarbeit anschitt. Damit hatte ich nun auf einer “Friedenspilgerreise” tatsächlich nicht gerechnet. Leider war der Vortrag und die Folien auf russisch und die Übersetzer hatten einige Schwierigkeiten bei der Übersetzung der Fachterminologie, sodass viele Hinergründe unerklärt blieben. Im algemeinen gab der Vortrag aber einen guten Überblick über den Baikalsee, welches das größte Frischwasserreservoir der Welt darstellt (ca. 20% alles Frischwassers weltweit). (Ich denke diese Zahl bezieht sich aber nur auf stehende Frischwasserreservoire). Auch auf die Verschmutzung des Sees durch eine anliegende Papierfabrik (die mittlerweile geschlossen ist) wurde näher eingegangen. Häufig erwähnte die Wissenschaftlerin, dass der See sämtliche Grenzwerte nicht überschreiten würde und die Wasserqualität weit über der Qualität vieler ander Seen liege. Dabei wurde aber nicht mündlich erwähnt, dass der Vergleich mit Seen in China und Vietnam vorgenommen wurde, in denen die Kontrolle der Wasserqualität eine noch geringere Rolle spielt. Leider hatten wir auch keine Zeit mehr um in eine größere Diskussion einzutreten, aber ich denke es war trotzdem auch für Nichtwissenschaftler eine ganz nette Übersicht über den See und das russische Monitoringsystem.

Leider mussten wir heute sieben unserer lieben Mitfahrer aus Äthiopien und Indien verabschieden weil keine Visa für diese sieben ausgestellt werden konnten. Zur Zeit sind wir allerdings gerade dabei für diese sieben einen Reisefond zu fundraisen, damit sie in Seoul wieder zum Peacetrain hinzustoßen können, denn diese sieben sind eine große Bereicherung für unsere ökumenische und internationale Gemeinschaft hier im Zug. Erstmal veranstalteten wir verbleibenden Jugendlichen eine ordentliche Abschiedsfeier in der Hotellobby inklusive einiger lustiger Spiele, die bei einigen russischen Gästen und Hotelangestellten doch etwas verwunderte Blicke hervorrief. Liebe Freunde, bis wir uns hoffentich in Busan wiedersehen, halte Gott euch fest in seine Hand und bewahre euch auf eurer Heimreise.

1403336_557036031034486_1520817190_oPeace Madang in Irkutsk.

 

16. Oktober – Wie weit geht Frieden?

Ungeduscht, müde und mit zwei Stunden Verspätung erreichten wir Irkutsk heute früh nach ca. 5400 km und 113 Stunden im Zug. Unsere motivierte Reisebegleitung erwartete uns schon und nahm uns direkt mit auf den den ersten Teil unserer Friedenspilgerfahrt durch die sibirische Stadt. Zunächst besuchten wir zwei orthodoxe Kirchen und eine Mahnwache für die im zweiten Weltkrieg gefallenen russischen Soldaten. Die Kirchen hatten auf mich eine eigenartig bedrückende Wirkung. Die Vielzahl an Bildern und Ikonen war enorm und die Zeit viel zu gering um sich näher mit den einzelnen dargestellten Geschichten zu befassen. Außerdem erinnerten mich die Kirchen, anders als in Moskau, mehr an Museen als an eine Gotteshäuser und ich stelle es mir schwer vor mich während eines Gottesdienstes auf das Wesentliche zu konzentrieren und mich nicht in den Geschichten der Bilder zu verlieren. Noch viel befremdlicher für mich war jedoch die Begeisterung vieler Mitreisenden an Fotos mit den marschierenden bzw. postierten Soldaten. Diese Bilder passen für mich genausowenig in das große Bild einer Friedenspilgerreise wie die gestellten Bilder vor der großen Kanone im Kreml. Da bevorzuge ich doch ein Bild vor der Friedensglocke, die im Widerspruch zur Kriegsverherrlichung nur einige Schritte neben der großen Kanone steht.

Dies war das erste Mal auf der Reise, dass ich das Gefühl hatte, das Program sei ein wenig zu straff geplant, denn in unserem etwas, naja, verwahllosten Zustand nach 5 Tagen ohne Dusche machten wir auf die einheimische Bevölkerung wohl doch einen etwas merkwürdigen Eindruck abgesehen davon, dass sich kaum jemand von uns frisch genug für eine Stadttour fühlte. Schließlich hatte auch unsere Begleitung ein einsehen und brachte uns zum Hotel. Den Abend nutzen wir, um die Umgebung des Hotels zu erkunden und bei vorsibirischer Winterkälte den Sonnenuntergang zu geniessen.

13.-15. Oktober – Eine Zugfahrt die ist lustig eine Zugfahrt die ist schön…

Eine Nacht und einen ganzen Tag sind wir nun schon mit dem Zug unterwegs. Erstaunlicherweise ist dieser Tag wie im Flug vergangen (oder sollte ich eher schreiben, wie im Zug?). Interessanterweise hat das Bordrestaurantpersonal beschlossen uns Frühstück und Abendbrot jeweils abgepackt in die Kabinen zu bringen. Den genauen Grund dafür kenne ich nicht, aber es hatte zur Folge, dass ich heute von einem Gurkensalat und einem Gemüseburger geweckt wurde.

Die Fahrt ist einfach nur toll. Ich wünschte, wir hätten noch viel mehr Zeit hier auf dem Peacetrain. Diese ganze Kampagne ist einfach unbeschreiblich toll. Die Menschen mit denen ich nun schon eine Woche unterwegs bin sind einzigartig (ist es tatsächlich erst eine Woche her, dass wir in Berlin aufgebrochen sind?), die Gemeinschaft ist einzigartig und die Mission ist einzigartig. Ich bin über mich selbst erstaunt, denn eigentlich habe ich erwartet, dass es mir irgendwann doch etwas eng werden könnte mit so vielen Menschen auf so engem Raum zu leben und keine Rückzugsmöglichkeiten zu haben. Das Program ist straff, wenig freie Zeit, in der man sich zurückziehen könnte und dann noch die erschwerte Verständigung durch manch mangelhafte Englischkenntnisse. Doch erstaunlicherweise “warte” ich bis heute darauf, dass mich das “Aufeinanderhocken” auf die Nerven geht. Von anderen Mitfahrenden habe ich ähnliche Empfindungen mitbekommen, und so kommt es eher vor, dass wir uns zusammen mit 8-10 Leuten in ein 4er Abteil quetschen und Spiele spielen, singen oder gute Gespräche oder Diskussionen führen anstatt, dass jeder sein Eigenleben führt. Täglich warten wir auf Neuigkeiten aus Korea. Wird es möglich sein, nach Nordkorea einzureisen? Die Chancen stehen eher schlecht, die Regierungen müssen sich beraten und entscheiden, der Nationalrat der Kirchen in Korea arbeitet stark am Vorantreiben der Verhandlungen und selbst wenn doch von allen Seiten grünes Licht kommen sollte, müssten wir für alle Reisenden in China innerhalb von zwei Tagen ein Visum für Nordkorea beantragen und genehmigt bekommen. Es gibt natürlich einen Plan B, aber trotzdem halten wir zuerst einmal an diesem Plan fest und beten, dass Fortschritte in den Verhandlungen erreicht werden. Bis dahin geniessen wir die unglaubliche Weite Sibiriens, das schöne Sonnige Wetter, dass uns die letzen Tage begleitet, das Rattern des Zuges und die Gemeinschaft. Am Sonntag hatten wir einen etwas anderen Gottesdienst. Wir versammelten uns je im Gang eines unserer drei Wagons und veranstalteten den Gottesdienst zweimal, da nicht alle Mitreisenden in einem Wagen Platz fanden. Es war schon interessant an so einem etwas ungewöhnlichen Ort Gottesdienst zu feiern. Diese Atmosphäre des “auf der Reise sein” unterwegs mit der Mission für Frieden und Versöhnung auf der koeanischen Halbinsel erlebte besonders in diesen Gottesdiensten ein weiteres Aufblühen. An anderen Tagen erarbeiteten wir uns anhand unseres Handbuchs einige Schwerpunkte der Bemühungen für Frieden und Versöhnung seitens der koreanischen Kirchen und konnten im Austausch mit den Koreanern viele Fragen klären und unsere Kenntnisse in diesen fruchtbaren Gesprächen erweitern. Einer der koreanischen Fernsehreporter frage mich in einem Interview, wie ich mich gerade hier im “Friedenszug” fühlen würde, worauf mir nur eine Antwort einviel: “friedvoll”, bzw. “mit Frieden gefüllt”. Denn wie ich ja schon sehr oft erwähnt habe, leben wir hier in unserer internationalen christlichen Gemeinschaft ein durch und durch einklängiges Leben. Aber eigentlich meine ich mit meiner Aussage noch viel mehr. Ich denke, dass wir hier ein lebensnahes Beispiel dafür sein können, wie interkulturelles Leben und interkuturelle Kommunikation friedvoll funktionieren kann. Denn auch wenn hier viele aus komplett anderen Kulturkreisen kommen, so haben wir doch alle die Kompetenz durch Neugierde, Kennenlernen und Akzeptanz unseren Gegenüber unvereinnahmt wahrzunehmen. Oft entstehen Missverständnisse in der interkulturellen Kommunikation durch Unkenntnis und Berharrlichkeit auf eigenen Traditionen. Der einzige Ausweg aus dieser Situation ist das Offen sein für fremdes und ein gesundes Interesse an den “Macken” 😀 des anderen.

Ich könnte noch viel mehr schreiben, aber ich werde an dieser Stelle schließen. Morgen kommen wir früh in Irkutsk an und werden dort für weitere zwei Tage bleiben. Bis dahin: Baka baka!

1397005_553799031358186_452427636_o 1397508_553800314691391_1451456816_o 1398013_553798381358251_882624270_o 1398916_553798811358208_1089088759_o

12.Oktober – Erster Tag auf der Transsibirischen Eisenbahn

Bis heute war uns allen nich ganz klar, ob wir mit dem normalen Linienzug der Transsibirischen Eisenbahn fahren, oder einen extra Zug gestellt bekommen, mit dem wir uns auf die Reise begeben. Nun ist das Rätsel endlich gelößt und wir fahren mit dem normalen Linienzug in dem der Patriarch von Moskau extra für uns drei Wagen reserviert hat. Ich weiß noch nicht genau, wie wir in den schmalen Gängen und Abteilen das Programm mit gemeinsamen Gottesdiensten, Diskussionen oder Filmeschauen gestaltet werden soll aber es mangelt uns bestimmt nicht an erfinderischen Ideen, bei der Diversität der Menschen, die hier mitreisen. Jetzt haben wir erst einmal unsere Kabinen bezogen und uns mit dem Gedanken vertraut gemacht, die nächsten 5 Tage und 4 Nächte in diesen Räumen zu verbringen und auch den gemeinsamen Schweißgeruch in Ermangelung einer Dusche zu teilen. Eins zumindest steht schonmal fest: nach dieser Reise werde ich viel koreanisch gelernt haben. Wie während der anderen Übernachtungen zuvor bin ich ausschließlich mit Koreanern untergebracht, die aber zum Glück dieses Mal soviel Englisch sprechen, dass wir uns verständigen können. Da alle von den letzen Tagen und dem vielen Input aus Moskau sehr erschöpft sind, haben wir diesen Tag sehr ruhig angehen lassen, mit einer Verabschiedung der Mitreisenden die uns in Moskau verlassen und der Begrüßung der Mitreisenden, die zu uns gestoßen sind, weil sie aus verschiendenen Gründen keine Visa für Deutschland und Weißrussland bekommen haben. Hier im Zug herrscht auch eine sehr angenehme Zeitlosigkeit. Hier haben wir viel Zeit uns gegenseitig besser kennenzulernen, unsere Geschichten zu teilen, Spiele zu spielen oder koreanisch zu lernen, was für ich eventuell noch von Bedeutung werden kann, wenn ich als Steward an der Information oder beim Meetingroom Management arbeiten sollte. Außerdem kann es nie schaden ein paar Grundlagen der Sprache des Landes zu kennen, in dem ich mich vier Wochen aufhalten werde. Auch die Tatsache, dass wir uns zwischen verschiendenen Zeitzonen bewegen hat den angenehmen Nebeneffekt, dass wir uns langsam an den Jetlag gewöhnen können und Tag für Tag eine Stunde verlieren. Sehr überrascht bin ich, dass es hier im Zug sogar vegetarisches Essen gibt. Die russischen Bediensteten bezeichnen uns zwar als “Aliens” (wörtlich überliefert von einem Mitreisenden der russisch versteht) aber zusammen mit noch zwei anderen Deutschen, einer Australierin und einem Koreaner bekomme ich immer ein extra vegetarisches Menü. Damit habe ich in diesem sovjetischen Relikt nicht gerechnet. Leider ist den Restaurantbeuaftragten ein schon fast lustiges Missgeschick unterlaufen, denn aus irgendeinem Gund sind die davon ausgegangen sind, dass wir eine große Gruppe Kinder sind. Daher wurden für uns jeweils nur halbe Portionen kalkuliert. Nach unseren Luxuserfahrungen im Hotel der orthodoxen Kirche in Moskau tut diese kleine Diät aber glaub ich auch ganz gut. Moskau bot uns zum Abschied noch einmal das herrlichste Herbstwetter an und auch für die Fahr mit der Eisenbahn haben wir einfach die schönste Zeit erwischt. Die Blätter sind bund gefärbt, ganze Birkenwälder färben die Landschaft gelb-orange mit grün-mellierten Untermalungen durch Nadelbäume oder Weiden und die Sicht ist unglaublich weit, sodasss der blaue Himmel schon fast mit dem Horizont zu verschmelzen scheint. Zwischendurch fahren wir an kleinen Dörfern oder vereinzelten Häusern vorbei oder machen einen Zwischenhalt in einem größeren Bahnhof. Die genaue Strecke die wir fahren führt über Perm, Ekaterinburg, Novosibirsk und Krasnoyarsk nach und gehört zur südlicher gelegenen Route der TransSib. 1400 km haben wir nun schon zurückgelegt. Weitere 4000 Kilometer folgen noch. Ich bin gespannt wie sich die Umgebung und die Landschaft weiter verändern wird.

1102585_553769808027775_1464772389_oKoreanische Ladies fertig zum Aufbruch 🙂